Nov 18, 2015

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Woher kommt der Name „Haferlschuhe“?

Woher kommt der Name „Haferlschuhe“?

Fast jeder im deutschsprachigen Raum weiß, wie sie aussehen, aber längst nicht jeder weiß, wie sie heißen: „bayerische Stiefel“ oder „Lederhosenschuhe“ hört man zuweilen – oder sie werden als Suchbegriffe eingegeben, die zu uns führen. Doch natürlich haben die Schuhe, welche die Bayern als Teil ihrer Tracht tragen, einen Namen: Haferlschuhe. Im engeren Sinne haben sie mehrere Namen: beispielsweise „Bundschuhe“ und in Österreich werden sie „Schützenschuhe“ genannt.

beide Begriffe sind selbsterklärend: Der Bundschuh ist ein Schuh, den man binden muss – was in einigen ländlichen, holzschuhtragenden Gegenden noch bis ins 19. Jahrhundert eine bemerkenswerte Ausnahme darstellte. Auch die Herkunft der Schützenschuhe kann man gut zurückverfolgen, nämlich auf Jäger in den Bergen sowie Schützenfestfeiernde, die sich entsprechend in Tracht kleiden.
Aber der Haferlschuh? Hat er etwa was mit Hafer zu tun? Nein, überhaupt nicht. Oder vielleicht bestehen einige Komponenten des Schuhs aus der Hanfpflanze? Das kommt ja durchaus bei vielen altertümlichen Gegenständen vor… Die Antwort? Ebenfalls nein. Außer Leder, Metal und Gummi für die Profilsohle sind keine anderen Materialen im Schuh zu finden. Oder geht es nur um einen ausgetauschten Vokal? Kommt der sonst nichtsbedeutende Wortstamm Haferl von Huferl?

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Die Landschaft, aus der der Haferlschuh entsprang.

Letzteres ist insofern eine Möglichkeit, da der als Erfinder des Haferlschuhs geltende Oberstdorfer Schuhmacher Franz Schratt ihn bewusst nach dem Vorbild des Hufs einer Gams entwarf. Die Idee bei der Entstehung etwa im Jahr 1800 war nämlich, den Bergbauern und Jägern dieselbe Trittsicherheit zu bieten, wie die beheimateten Bergziegen sie aufwiesen. Allerdings spricht gegen die Verwandtschaft von „Huf“ und „Haferl“, dass die Lautverschiebung A-U in den bayerischen Dialekten völlig fehlt: U werden vielmehr zu Doppellauten wie UA („Huand“ für Hund usw.).

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Der klassische Trachten-Haferlschuh aus schwarzem Glattleder.

Viel sinnvoller – wenn auch auf den ersten Blick etwas weit hergeholt – scheint die Idee, dass das Wort Haferlschuh aus dem Englischen stammt! Es ist nämlich so, dass die Alpen seit jeher eine gewisse Faszination auf den britischen Adel ausüben: Schon Mitte des 19. Jahrhunderts kamen sie in Scharen, um in den Bergen zu wandern oder das Skifahren zu erlernen. Hier lernten sie die bislang als „Bundschuh“ betitelte Fußbekleidung kennen und schätzen – und erwarben sie als Urlaubsgarderobe für ihre Spaziergänge auf der Alm. Da die damalige britische Herrenmode auf großen, hohen Stiefeln basierte (aufgrund der äußerst unhygienischen Umgebungen der Industriestädte war der Schafft bis zur Kniehöhe auf der Insel beliebt…), nannten – so die Theorie – die Briten diese unter den Knöcheln ausgeschnittenen Schuhe „half-shoes“ – halbe Schuhe.

Bei solchen Fragen nach der Herkunft eines Namens gibt es zwar selten völlige Gewissheit, aber diese Theorie ist stichhaltig, da historisch belegt und sprachlich nachvollziehbar. Und wenn ihr im nächsten Jahr auf der Wiesn englischsprachigen Besuchern das genauso schlüssig erklären könnt, habt ihr es redlich verdient, diese schönen Trachtenschuhe zu tragen…

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